Romeo auf Stelzen
Alfa zieht mit am Antriebs-Strang – mit dem Stelvio debutieren die Italiener im Trend-Segment der Sports Utility Vehicles.
Acht neue Modelle sind im wieder zum Leben erwachten Haus Alfa Romeo bis 2018 angekündigt. Zwei sind schon da. Die Einleitung hatte im Vorjahr die Giulia geliefert. Die Fortsetzung übernimmt jetzt der Stelvio. Mit dem nach dem Stilfser Joch benannten gehobenen Mittelklassler begibt sich die italienische Traditionsmarke im tatsächlichen Sinn auf ein angehobenes Niveau.
Giulia und Stelvio haben Giorgio als Unterbau, denn so heißt die neu entwickelte Heckantriebsplattform. Und damit ist der im FCA-Konzern verordneten Sport-Orientierung die entsprechende Basis gegeben. Das drückt sich beim Neo-Hochbeiner ebenso optisch aus. Die Designer haben sich mit geschmäcklerischem Falz- und Sicken-Zierat zurückgehalten, sie haben nach Art des Hauses ein eng anliegendes, gut sitzendes Kleid geschneidert.
Damit wirkt der Stelvio außen ebenso aufgeräumt wie das klar und übersichtlich eingerichtete Interieur. In dem angenehm auffällt, dass das Infotainment-Display nicht wie nachträglich aufgepickt wirkt, sondern stimmig ins fast klassisch gestylte Armaturenbord integriert ist. Auch ist die Mittelkonsole frei von der Tendenz zur Überfrachtung, Schalter und Drehregler sind sparsam gesetzt, dezent gestylt und ebenso stimmig wie verständlich angeordnet.
Alfa…
Gestelzt wirkt der Romeo auf Stelzen zudem gar nicht: Auf 4,69 Metern Länge erhebt er sich nicht höher als 1,67 Meter. Er hat gegenüber der bodennahen Schwester an Bodenfreiheit gerade einmal um 6,5 Zentimeter zugelegt. Das ergibt die derzeit so beliebte angehobene Sitzposition, adelt ihn aber trotz Allradantrieb, traditionell genannt „Q4“ (der zudem von Magna aus Österreich stammt), noch lange nicht zum ernsthaften Geländegänger.
Der er auch nicht sein soll. Denn er soll in erster Linie sporteln und dabei dennoch familienverträglich bleiben und auch gleich die Kombi-Funktion übernehmen, die der Giulia nicht zugedacht ist.
Ob und wie sich das ausgeht, das galt es im Westen Österreichs, in den Bergen Tirols unter Beweis zu stellen. Der Namensgeber, das Stilfser Joch, vielmehr die bis auf 2.575 Meter Seehöhe führende Paßstraße, war für die frühe Jahreszeit noch nicht schneebefreit.
Also ging es von Innsbruck übers an Kurven, Steigungen sowie Gefällen reiche Kühtai nach Hochgurgl, zum Mountain Top Crosspoint (auf 2.200 Metern). Die Streckenführung bot reichlich Gelegenheit, die Talente von Federung und Lenkung auszureizen. Erstere ist auch im Dynamik-Modus komfortabel, Zweitere gibt sich anfangs gefühlt als fast zu leichtgängig, doch ist sie sportlich direkt und vor allem höchst präzise.
Am besten geht forciert kurventänzerischer Pace mit dem derzeitigen Top-Aggregat, dem Zweiliter-Vierzylinder-Turbobenziner mit 280 PS. Im Antritt etwas zögerlicher, im Durchzug dafür beharrlicher ist die 210-PS-Version des 2,2-Liter-Diesels. Bei beiden Antrieben werden die Fahrstufen über ein achtgängiges Automatikgetriebe sortiert.
Man kann, wenn an Bord, via Schaltwippen eingreifen. Muss aber nicht. So oder so kommt das beabsichtigte Sport-Feeling rüber, sodass man fast vergisst, dass man in einem SUV sitzt. Wankneigung gibt’s keine.
Auch trägt der schlanke Hochbeiner beim Gewicht im Klassenvergleich nicht dick auf, es liegt laut technischem Datenblatt zwischen 1.604 und 1.660 Kilogramm, das lässt engste Einlenkradien zu ohne Tendenz, zum Kurvenausgang zu drängen.
…Romeo!
Aufgefallen ist, dass nichts knackst und knarzt, selbst wenn man den Stelvio engagiert über ein schottriges Straßenteilstück jagt. Sportlichen Sound darf man sich vom Vierzylinder-Benziner kaum erwarten – das wird die kommende 2,9-Liter-V6-Version (mit 506 PS) übernehmen. Und der Diesel hält akustisch mit seiner Verbrennungsweise nicht hinter dem Berg.
Was den Mitbewerb betrifft, hat Alfa vor allem einen Deutschen im Visier: den Porsche Macan. Weitere Klassenkameraden sind BMW X3, Mercedes GLC, Audi Q5 und Volvo XC60. Doch näher stehender ist dem Italiener, in Sport-orientierter Konzeption und Ausrichtung, ein noch sehr jungen Engländer: der Jaguar F-Pace.
Bei den Händlern stehen die ersten Stelvio bereits. Der Preis: ab 44.020 Euro, für den 180-PS-Diesel (mit Heckantrieb).