Konzeptfahrzeuge: Die Zukunft beginnt jetzt
Schweizerischer Flux-Kondensator
Egal ob mit Elektroantrieb, Brennstoffzelle, oder einer Portion Lifestyle: Die Concept-Cars am Genfer Autosalon ermöglichen einen Blick in die Zukunft.
Gerade in der heutigen Zeit, wo uns beim Thema Mobilität viele Umstellungen und Neuerungen erwarten, ist es interessant einen Blick auf die Konzeptfahrzeuge der Hersteller zu werfen. Nicht alles was gezeigt wird, wird uns in der Zukunft auch von A nach B chauffieren. Jedoch eröffnen uns die Studien einen Einblick, wohin die Reise des Automobils in den nächsten Jahren gehen wird. Und es wird eine spannende Zeit werden, denn nicht nur verschiedene Antriebsmöglichkeiten konkurrieren um ihren Platz in der Zukunft. Auch komplette Mobilitätssysteme – wie etwa das fliegende Auto – bewegen sich durch die Fortschritte der Techniker in greifbare Nähe.
Das beste Beispiel hierfür ist das in Genf vorgestellte Flugauto von Airbus und Italdesign Namens Pup.up. Das modular aufgebaute System besteht im Wesentlichen aus einer Passagierkabine, in der zwei Leute Platz finden. Diese kann, je nach Verwendungszweck an ein Fahr- oder Flugmodul gekoppelt werden. Statt im Stau zu stehen kann man die aus Kohlefaser gefertigte Kabine an das Flugmodul an- und das Bodenmodul abkoppeln, um danach per Senkrechtstart in die Arbeit zu fliegen. Damit man neben dem Führerschein nicht auch noch den Flugschein machen muss, bewegt sich Pop.up rein autonom – am Asphalt, sowie in der Luft. Einen Nachteil hat das rein elektrisch betriebene System aber: Wer zu spät in die Arbeit kommt, dem werden wohl die Ausreden ausgehen.
Auch für die Nobelmarke Bentley beginnt langsam aber sicher das elektrifizierte Zeitalter. Dies verdeutlicht das in Genf vorgestellte „EXP 12 Speed 6e“ Konzeptfahrzeug. Mit dem langen Überhang vorne, dem tief liegendem Kühlergrill und dem mächtigen Heck soll es einen Ausblick auf die Designsprache von Bentley in der Zukunft bieten. Die Studie soll rein elektrisch fahren und via Induktion geladen werden.
Wer gerade keine kabellose Ladestation zur Hand hat, für den versteckt sich unter der hinteren Kennzeichenmulde am Heck ein handelsüblicher Anschluss. Der Innenraum ist eine gelungen Kombination aus Retro und Moderne. Über die genauen Leistungsdaten und die Reichweite hält man sich Seitens Bentley bedeckt. Kein Wunder, denn man will die komplette Flotte mit Plug-in-Technologien ausstatten. Den Anfang macht 2018 der Bentayga.
Etwas anders stellt man sich die Zukunft in der Schweiz vor. Der Berner Henri-Philippe Sambuc stellt in Genf ein interessantes Concept-Car vor. Der Catecar Dragonfly wiegt nur 560 Kilogramm und wird von einem 11 Kilowatt starken E-Motor angetrieben. Im Gegensatz zur Konkurrenz braucht der Kleinwagen aber keine Steckdose oder sonstige Ladequellen. Die Batterien werden ausschließlich von Solarzellen am Dach gespeist. Zudem verfügt der Dragonfly über einen Range Extender der sich dann dazuschaltet, wenn der Ladezustand der Batterie unter 30 Prozent abfällt.
Gedacht wurde der kleine Flitzer aber sowieso für kurze Strecken im Mittelmeer-Raum. Okay, das macht den Dragonfly jetzt nicht unbedingt besonders interessant. Doch sein Erfinder hat zwei geniale Ideen: Zum einen verfügt der Wagen über einen Partikelfilter, der ständig die Umgebungsluft ansaugt und diese von Feinstaub reinigt. Bis zu 60 Kubikmeter Luft sollen so in einer Stunde gereinigt werden. „Das Auto der Zukunft soll nicht für die Klimaverschmutzung verantwortlichen sein, sondern diese bekämpfen“, erklärt der Schweizer. Zum anderen besteht die Karossiere des Dragonfly aus verstärkten Leinenfasern. Und wenn es nach seinem Erfinder geht, soll der Wagen an mehreren Standorten weltweit gebaut werden und die Produktion an die Verfügbarkeit der vorhandenen Rohstoffe, wie etwas Hanf für die Karosserie, angepasst werden. „So brauchen wir die Autos nicht um die halbe Welt zum Endkunden karren“, erläutert Sambuc sein Konzept.
Dass nicht nur die E-Auto-Entwicklung in großen Schritten vorangeht, zeigt Hyundai. In Genf zeigten die Koreaner mit dem FE Fuel Cell Concept den Prototyp eines wasserstoffbetriebenen SUV. Doch nicht nur das elegante Design sorgte für staunende Blicke. Denn für Hyundai ist die Brennstoffzellen-Technik keineswegs Neuland. Seit 2013 bietet man mit dem ix35 Fuel Cell an, der mit einer Tankfüllung von 5,64 Kilogramm Wasserstoff rund 600 Kilometer Reichweite aufweist.
Dieses System wurde verbessert: Die Brennstoffzelle soll rund 20 Prozent leichter sein, als im ix35 und gleichzeitig über eine 10 Prozent gesteigerte Effizienz verfügen. So soll das FE Fuel Cell Concept über eine Reichweite von rund 800 Kilometern erreichen. Zudem wird der Wasserdampf, der beim Umwandeln der Energie in der Brennstoffzelle entsteht, nicht hinausgeblasen, sondern für die Klimaanlage und zur Verbesserung der Raumluft verwendet. Schon im kommenden Jahr soll eine Serienversion mit dieser Technik auf den Markt kommen.
Dass alternativ angetrieben Autos nicht immer durch grüne Dekorelemente und ein allzu futuristisches Design auffallen müssen, zeigt der britische Hersteller Morgan. Denn auch Kleinserien-Hersteller müssen mit der Zeit gehen, wenn sie nicht von der Bildfläche verschwinden wollen. Schon im letzten Jahr zeigte Morgan mit einer elektrifizierten Version des 3-Wheeler Namens EV3. Die Markteinführung sollte noch im selben Jahr erfolgen, doch es kam anders. Warum, bleibt Spekulation. Nun ist es aber so weit, mit dem Morgan EV3 #UK1909 läuft eine erste Sonderserie vom Band.
Insgesamt 19 Stück sollen in Zusammenarbeit mit dem Londoner Kaufhaus Selfridges und acht weiteren Firmen entstehen. Die britischen Marken Morgan und das Kaufhaus Selfridges wurden beide 1909 gegründet – daher der Name #UK1909. Dank des niedrigen Gewichts (unter 500 Kilogramm) ist der Morgan genügsam und kommt mit einem 46 kW starken E-Motor aus. Bei normaler Fahrweise soll man damit rund 240 Kilometer weit kommen. Manche werden nun die Nase rümpfen. Jedoch ist es nichts Neues, dass moderne Technologie in klassische Verkleidungen gepackt wird. Oder: Auch einem alten Hund kann man immer noch neue Kunststücke beibringen.
Eine andere Richtung schlägt Peugeot ein. Mit dem Instinct Concept stellen sie ihre Vision der Zukunft vor. Der Shooting Brake soll Luxus und Technik in höchstem Maße verbinden und veranschaulichen, wie ein durch und durch vernetztes, autonom Fahrendes Auto aussehen könnte. Neben den gegenläufig öffnenden Türen zählt das „Responsive i-Cockpit“ zu den Highlights der Studie. Durch die IoT-Plattform (Internet of Things) ist das Auto mit der Smartwatch, dem Handy und wer weiß was uns noch erwartet vernetzt. Dadurch erstellt das System ein Nutzerprofil.
Lange Rede, kurzer Sinn: Angenommen der Besitzer kommt müde und erschöpft aus dem Büro, wird dies dem Wagen durch die Smartwatch mitgeteilt. So weiß das Auto, dass der Nutzer heute lieber etwas entspannter den Weg ins traute Heim antreten will. Natürlich können auch manuell vier Fahrmodi ausgewählt werden: Der Boost-Modus für sportliche Fahrten, im „Drive Relax“-Modus werden alle Hilfs- und Assistenzsysteme zugeschaltet. Beim autonomen Betrieb ist im „Soft“-Modus alles auf Komfort getrimmt, während im „Autonomus Sharp“-Modus die Fahrzeit optimiert wird. Beim Wechsel vom selbstständigen in den autonomen Modus verschwinden das Lenkrad, die Schalter in der Armaturentafel und das Gaspedal. Danach kann man sich in den einem Flugzeugsitz nachempfundenen Gestühl bequem zurücklehnen und Filme schauen, oder mit dem Laptop seiner Arbeit nachgehen. Laut Peugeot soll diese Technologie schon in rund 10 Jahren serienreif sein.
Zwar sind die Autos von Francesco Zefferino Sbarro nicht so innovativ wie die der großen Hersteller, doch beim Design muss sich der Italiener nicht verstecken. Fans der Serie „Transformers“ würden wohl gerne zum Kundenstock der kleinen Designschmiede gehören. Denn auch heuer zeigte Sbarro in Genf vier aufregende Studien vor. Der Buggy „Arcad“ verfügt nicht nur über ein futuristisches Design, welches an vergangene Computerspiele erinnert. Sein Antrieb ist mit einem Cadillac V8, der 270 PS an die Hinterräder leitet voll und ganz Oldschool. Etwas weniger alltagstauglich ist das Mojave-Konzept: Die Karosserie wurde von den Hot-Rod-Szene inspiriert, die ihre ersten Rennen in der Mojave-Wüste abhielten. Uns erinnert der rund 1.000 Kilo schwere und 300 PS starke Prototyp an ein ZZ-Top-Video.
Bleiben wir im Showbusiness und wechseln wir zu den zwei- und dreirädrigen Studien von Sbarro. Diese erinnern stark an den Film Mad Max: Der Pendo-Tracto ist ein 2,40 Meter langes, motorradähnliches Gefährt mit einem angetriebenen Vorderrad und zwei Rädern hinten. Fährt man in eine Kurve, neigen sich die beiden Hinterräder, während das Vorderrad starr bleibt. Dadurch soll er wendig und dynamisch zu fahren sein. Das schrägste Gefährt von Sbarro ist aber sicherlich der Tracto-Sphère. Es handelt sich dabei um einen Dreisitzer mit Hybridantrieb. Angetrieben wird der Frischluft-Hobel von einem 300ccm großen Kawasaki-Motor mit 55 PS und einem circa 5 PS starken Elektromotor, samt Lithium-Ionen Batterie. Dies alles findet im kugeligen Vorbau Platz, unter dem auch das angetrieben Vorderrad steckt. Daher auch der Name: Sphère ist das französische Wort für Kugel.
Nanoflowcell ließ schon in der Vergangenheit mit Prototypen aufhorchen, die stets auf Redox-Flussbatterien basierten. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Batterie und Brennstoffzelle, welche elektrische Energie in chemischen Verbindungen speichert. Als Energielieferanten dienen dabei die sogenannten Elektrolyte – zwei Flüssigkeiten, die in der Flusszelle über eine spezielle Membran elektrisch geladene Wasserstoffionen austauschen und dadurch Strom erzeugen. Viel Strom sogar, was sich bei rund 2.000 Ampere und 700 Volt damals als problematisch herausstellte.
Mit dem Quant 48Volt soll dies der Vergangenheit angehören. Wie der Name schon sagt, läuft der Sportwagen mit einer Niedervolt-Technologie von 48 Volt. Vier jeweils 140 kW starke Motoren machen den Quandt 48Volt zu einem allradgetriebenen Supersportler. Und den 4×4-Antrieb braucht er angesichts seiner 760 PS auch. Der Sprint vom Stand auf 100 km/h soll in 2,4 Sekunden erfolgen, bei einer Reichweite von rund 1.000 Kilometern. Der große Vorteil der Flussbatterien liegt in der Ladezeit. Denn diese werden nicht wie herkömmliche E-Autos via Induktion oder Kabel geladen, sondern per Betankung mit einer Elektrolyt-Flüssigkeit. Wobei es sich nicht um Bier handelt!