Wiener Motorensymposium: Der konventionelle Motor bleibt auch mittelfristig die Hauptantriebsform in unseren Autos.
Noch lange nicht am Ende seiner Erfolgsgeschichte ist der Verbrennungsmotor angelangt – er läuft und läuft und läuft geradezu zu einer Höchstform auf, je mehr er gefordert wird. Auf dieses knappe Resümee lässt sich das 38. Internationale Wiener Motorensymposium verdichten, das am vergangenen Donnerstag und Freitag mehr als 1.000 Motorenexperten aus aller Welt und Topmanager der Automobil- und Zulieferindustrie im Kongresszentrum Hofburg Wien versammelt hat.
„Es ist beeindruckend, wie viele und herausragende Innovationen nach mehr als 100 Jahren Antriebsentwicklung auch heute noch erzielt werden; trotz laufend steigender Anforderungen in Ökologie, Kundenerwartungen und Haltbarkeit kann der Antrieb zeigen, wie anpassungsfähig er ist.
Dies gilt insbesondere für den Verbrennungsmotor – er wird durch innovative Technologiebausteine, wie etwa die Elektrifizierung, auch mittelfristig die Hauptantriebsform bleiben und gehört damit noch lange nicht zum ‚alten Eisen’. Das Potential wurde bei dem Symposium eindrucksvoll in mehreren Vorträgen und neuen Motorenvorstellungen gezeigt“, resümieren die Universitätsprofessoren und Organisatoren Dr. Hans Peter Lenz (Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik ÖVK) und Dr. Bernhard Geringer (TU Wien). Große Fortschritte finden sich auch bei den Komponenten des Verbrennungsmotors – gleich ob es sich um variable Verdichtung, Wassereinspritzung oder elektrische Zusatzaufladung und anderes handelt.
Dennoch zeichnen sich Trends zu alternativen Antriebskonzepten ab, verbunden mit einem langfristigen Ausstieg aus fossilen Energiequellen und somit neuen Antriebssystemen wie: • der optimierte Verbrennungsmotor – betrieben mit regenerativen Kraftstoffen, • der rein elektrische Antrieb – gespeist von grünem Strom, • ein Mix aus Verbrennungskraftmaschine und Elektroantrieb, oder • die momentan noch als futuristisch angesehene Brennstoffzelle samt Wasserstoff-Technologie. • Für Gasbetriebene Otto-Motoren, die trotz aller Förderungsmaßnahmen bisher keinen Durchbruch erzielen konnten, scheint in der heutigen Situation ein Erfolg möglich.
„Niemand kann derzeit sagen, welche Antriebsart langfristig die Nase vorn haben wird und die anderen Aspiranten verdrängt. Jedenfalls ist der weiterentwickelte Verbrennungsmotor noch lange nicht am Ende seiner Erfolgsgeschichte – mit regenerativen Kraftstoffen ist er sogar den alternativen Antriebslösungen in wichtigen Nutzerbereichen (Reichweite/Kosten) deutlich überlegen“, sind sich die Organisatoren des Symposiums einig.
Jedenfalls gilt: Alle diese Antriebsarten – mit ihren spezifischen Potenzialen, aber auch Herausforderungen, müssen weiter erforscht und entwickelt werden. Der am Ende bessere Antrieb wird sich durchsetzen. Aber ebenso kann es ein Nebeneinander von Lösungen – je nach Einsatzzweck – sein. Letztendlich wird der Kunde entscheiden, welche Antriebe erfolgreich sein werden. Fotos: Newspress
Wiener Motorensymposium: Eine Fülle von Innovationen belegt den rasanten Fortschritt der Automobil- und Motorentechnik.
Mehr als 1000 Motorenexperten, Techniker und Wissenschaftler versammelten sich Donnerstag und Freitag beim 38. Internationalen Wiener Motorensymposium im Kongresszentrum Hofburg Wien. Die vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und dem Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der Technischen Universität Wien veranstaltete Tagung bot auch in diesem Jahr den besten Köpfen der weltweiten Automobilbranche ein bewährtes Podium, sich über Fragen der Mobilität und adäquate Antworten auszutauschen. Die beeindruckende Fülle an innovativen Technologien zeigte den rasanten Fortschritt im Automobilbau und demonstrierte auch den ungebremsten Wettstreit der Ideen für eine nachhaltige Mobilität. Variable Verdichtung, Algorithmus-gesteuerte Zylinderabschaltung oder Wassereinspritzung waren nur einige Beispiele dafür. Um die Flottenemissionsziele von maximal 95 g CO2/km ab 2021 zu erreichen, biete die Elektrifizierung in den Bereichen Motor und Antriebsstrang und die Einführung des 48-Volt-Bordnetzes großes Potenzial, stellte Dipl.-Ing. Michael Hofer, Senior Manager Magna Powertrain Engineering Center Steyr, in seinem Beitrag fest. Er verwies auf die aktuelle Markteinführung einer 48-V-Hauptwasserpumpe mit einem Leistungsbereich von 1 kW, sowie auf die Entwicklung eines elektrischen Verdichters (5-7 kW) zur Performancesteigerung im Bereich der Motoraufladung. Weitere Komponenten, welche derzeit von Magna fit für 48 Volt gemacht werden, sind elektronische Kühlerlüfter und Getriebeölpumpen, welche auch zur Schmierung und Kühlung von elektrischen Achsantrieben eingesetzt werden. Eine mit einem innovativen Hochdrehzahlkonzept ausgestattete elektrische Hinterachse runde, wie der Manager darstellte, das stetig wachsende Portfolio von Magna im Bereich der 48-V-Komponenten ab. Durch vollelektrisches Mitschwimmen im Verkehr wird speziell in Ballungszentren mit großem Verkehrsaufkommen und hoher Luftbelastung eine CO2-Reduktion erreicht. Die 25 kW starke 48V-e-Achse biete neben elektrisch gefahrenen Parkmanövern auch die zusätzlichen Dynamik- und Sicherheitsvorteile eines zuschaltbaren Allradantriebes für niedrige Geschwindigkeiten, sowie eine leistungsfähige Anfahrhilfe und Schneekettenersatz.
AVL List forscht an Langstreckentauglichkeit von E-Fahrzeugen
Wie die Langstreckentauglichkeit für E-Fahrzeuge erreicht werden kann, damit beschäftigte sich Dr.-Ing. Klaus Küpper, Technical Field Leader AVL List GmbH, Graz. Schlüssel ist dabei das Schnellladen mit 800 V oder 1000 V. Gegenüber den heute üblichen Schnellladestationen wird die Ladezeit auf ein Viertel reduziert. Der zweite kritische Punkt ist das effiziente Package von sich immer weiter entwickelnden Zellen in einem Batteriepack geringster Höhe. Aus AVL-Sicht müssen Batteriepacks in Zukunft auf Höhen bis zu 80 mm schrumpfen. Entscheidend für die Effizienz der Langstreckenmobilität sind weiterhin die Wirkungsgrade von Inverter und E-Maschine, die durch Siliciumcarbid-Halbleiter deutlich gesteigert werden können. Schließlich ist der größte Energieverbraucher außerhalb des Triebstrangs, die Klimatisierung des Innenraums, ein weites Feld für Verbesserungen, wobei insbesondere die CO2-Wärmepumpe und die Infrarotflächenheizung in Kombination mit einer intelligenten Nutzung der Abwärme des Antriebstranges eine wichtige Rolle spielen werden. In Summe konnte für die Maßnahmen eine Energieeinsparung von über sieben Prozent erzielt werden, was die Reichweite deutlich erhöht und die Energiekosten je km verringert.
Tula-Algorithmus aus dem Silicon Valley steuert Zylinderabschaltung optimal
Was wäre, wenn jede einzelne Arbeitsphase eines Verbrennungsmotors unter optimalen Verbrauchsbedingungen abliefe? Was wäre, wenn jeder einzelne Verbrennungstakt in Echtzeit vorausberechnet werden könnte, um stets die exakte Drehmomentanforderung zu erfüllen? Die Antwort auf diese rhetorische Frage laute Dynamic Skip Fire (DSF), so Dr. Matthew Younkins, Chief Engineer Power Train der im Silicon Valley beheimateten Softwareschmiede Tula Technology Inc., bei seiner Präsentation. DSF entscheidet in Echtzeit vor jedem Arbeitstakt, ob der Zylinder aktiviert (fire) oder abgeschaltet (skip) werden soll, je nachdem ob das Drehmoment gerade erforderlich ist oder nicht. Das Ergebnis entspricht einem Motor mit variablem Hubraum. Durch die dynamische Vorausberechnung wird der Motor nahe dem optimalen Wirkungsgrad betrieben und die Ladungswechselverluste entfallen weitgehend, der Verbrauch kann dadurch um acht bis 15 Prozent reduziert werden. Durch eine konsequente Entwicklungsarbeit ist es Tula gelungen, eine Software-basierte Lösung zu Verfügung zu stellen, die kritische Drehschwingungen des Antriebsstranges vermeidet. Die Serieneinführung von DSF bei größeren Motoren stehe kurz bevor und die Entwicklungsarbeiten an einem 1,8-l-Vierzylindermotor GTDI gemeinsam mit Delphi stehe kurz vor dem Abschluss, berichtete Dr. Younkins. Tula Technology Inc. mit Headquarter in San José, Kalifornien, entwickelt Algorithmen für die Automobilindustrie.
Nissan bringt variable Verdichtung erstmals in die Großserienproduktion
Für ein technologisches Highlight sorgte Nissan beim diesjährigen Wiener Motorensymposium: Der weltweit erste für die Großserienproduktion entwickelte Motor mit variablem Verdichtungsverhältnis feierte seine Premiere vor einem internationalen Fachpublikum. Shinichi Kiga, Chief Powertrain Engineer, Nissan Motor Co., erläuterte in seinem Vortrag Funktionsprinzip und Eigenschaften des VC-T-Motors (Variable Compression-Turbo), einer Technik, an der Nissan mehr als 20 Jahre lang geforscht hatte. Der VC-T-Motor nutzt einen Multilink-Rotationsmechanismus an der Kurbelwelle, um den oberen uns unteren Totpunkt der Zylinder zu verändern, dabei kann das Verdichtungsverhältnis von 14 (thermischer Wirkungsgrad) bis 8 (hohe Motorleistung) variiert werden. Dadurch wird eine bisher noch nicht dargestellte Balance zwischen Verbrauchseffizienz und hoher Motorleistung erreicht. Zweck der neuen Technologie ist eine Erhöhung des thermischen Wirkungsgrades und der damit verbundenen verbesserten Effizienz durch hohe Kompressionsraten, ohne gleichzeitig das damit verbundene nachteilige Motorklopfen in Kauf nehmen zu müssen. Verbesserungen bei Verbrauch, Leistung und Abgasemissionen erreichen ein bisher noch nie dagewesenes hohes Niveau, erklärte Chefingenieur Kiga. Der VC-T-Motor wird ab 2018 produziert und vermarktet, so der Experte.
BMW setzt auf Wassereinspritzung, um Effizienz des Motors zu verbessern
Im Vorjahr berichtete Bosch über die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an der Wassereinspritzung, die nach den Plänen des Automobilzulieferers für eine Anwendung in der Großserie prädestiniert sei. Beim diesjährigen Motorensymposium informierte BMW über eigene Entwicklungen derartiger Systeme und daraus gewonnene Erfahrungen. Die Wassereinspritzung hat das Potenzial, die Effizienz des Motors über das gesamte Motorkennfeld hinweg zu verbessern. Vereinfacht dargestellt besteht das Grundkonzept darin, Wasser in den Motor einzuspritzen und seine hohe latente Verdampfungswärme zu nutzen, um die Temperatur vor der Verbrennung zu senken. Der Kühlungseffekt reduziert die Tendenz des Motorklopfens, was sich in niedrigeren CO2-Emissionen niederschlägt. Wie Dr. Bodo Durst, Abteilungsleiter Brennverfahrensentwicklung der BMW Group, in seinem Vortrag erklärte, hätten Tests unterschiedlicher Konzepte für eine Wassereinspritzung die Standfestigkeit der Systeme bestätigt. Von den untersuchten Konzepten zeigte die so genannte Mischungseinspritzung, die das Wasser dem Kraftstoff vor der Hochdruckpumpe zuführt, das höchste thermodynamische Potenzial. Der Kraftstoffverbrauch, die HC-, CO- und Partikelanzahlemissionen werden insbesondere im Volllastbereich bei hohen Drehzahlen wirksam reduziert. Der Serieneinsatz folgte prompt: mit dem BMW M4 GTS bietet BMW bereits ein Fahrzeug mit aufgeladenem Reihensechszylinder-Ottomotor und Wassereinspritzung an – Kundenreaktionen seien positiv, so Dr. Durst.
Bosch führt neue Generation von Benzindirekteinspritzungen weltweit in Märkte ein
Mit einer neuen Generation von Benzindirekteinspritzungen setzt Bosch neue Standards. Wesentliche Eigenschaften sind eine optimierte Gemischaufbereitung für niedrige Partikelemissionen durch eine Anhebung des Systemdrucks, ein erweiterter Injektorbetriebsbereich und verbesserte Mehrfacheinspritzfähigkeit. Die Partikelanzahlemissionen könnten nunmehr unter RDE (Real Drive Emission) Randbedingungen im realen Fahrbetrieb um etwa 80 Prozent reduziert werden, die Optimierung des Systems leiste über verbesserte Kraftstoffzumessung und -aufbereitung einen wesentlichen Beitrag zur Minimierung innermotorischer Schadstoffentstehung, berichtete Dr. Erik Schünemann von Bosch. Die neue Systemgeneration wird aktuell in Serie eingeführt und schrittweise über das weltweite Bosch-Produktionsnetzwerk ausgerollt.