Total normal
Weißer Kombi im Test, oder: Wieso etwas, das sich so erschütternd alltäglich fährt, noch immer eine „Alternative“ ist.
Um es vorwegzunehmen, wir haben auch keine Antwort auf diese Frage, außer dass eben noch nicht an jedem Eck‘ eine CNG-Zapfsäule wartet. Das ist der einzige Grund, weshalb wir so wenige CNG-Fahrzeuge auf den Straßen sehen. Denn technisch, oder gar finanziell, gibt es keinen.
Normalität schon beim ersten Blick auf den Golf Variant TGI: Denn der Golf ist ja bekanntlich überhaupt das normalste Auto der Welt. Vor allem in dieser Darreichungsform, als weißer Kombi. (Man wünscht sich insgeheim ein Blaulicht.) Das zusätzliche Treibstoffsystem ist sauber integriert, und was an Stauraum im doppelten Boden des Kofferraums verloren geht, spielt keine Rolle.
Der Rest des Fahrzeuges ist ganz einfach ein Golf. Im praktischen Nutzen gibt’s also keine Einschränkungen, und beim Fahren schon gar nicht.
Wie fährt das?
Kurz gesagt: Erfrischend normal! Und das ist das Beste, das man über ein „alternatives“ Fahrzeug sagen kann. Der 1,4 Liter große Vierzylinder-Turbo mit Direkteinspritzung entwickelt im Gasbetrieb einen gewissen akustischen Kern – nicht unangenehm, aber auffallend im Vergleich zu seiner sonstigen Unhörbarkeit.
Manche CNG-Antriebe wirken im unteren Drehzahlbereich etwas lustlos, VW hat den TSI-Vierzylinder für Erdgas optimiert, und das merkt man. 110 PS und ein Drehmoment von 200 Nm, das obendrein schon ab 1.500 Touren verfügbar ist, sorgen für agile Fortbewegung.
Und das bei Bedarf bis zu 400 Kilometer mit einer CNG-Füllung, und nochmals etwas über 900 Kilometer mit Benzin. Gestartet wird immer mit Benzin, das Umschalten erledigt das Auto von alleine.
Wie tankt das?
Erdgas kauft und zahlt man nach Kilo, 15 davon passen in den Golf-Tank. Das Tanken dauert ein bisserl länger als beim konventionellen Sprit. Der Anschluss für den CNG-Schlauch ist neben der Benzintanköffnung untergebracht; beim Tankvorgang selbst ist die Gasleitung fix und luftdicht mit dem Füllstutzen verbunden.
Ängstliche Naturen seien also beruhigt: Auch wenn das typische Erdgas-Parfum in der Luft liegt, es kann nichts passieren. Apropos: Auch Parkgaragen lassen sich mit einem Erdgasfahrzeug aufsuchen. Denn im Gegensatz zum Flüssiggas (LPG) ist Erdgas leichter als Luft. Vier Kilo Gas verdrückt der Golf TGI auf 100 Kilometer, an Benzin nahm er im Test 6,8 Liter.
Übrigens: Der CO2-Ausstoß liegt bei nur 92 g/km. Den Golf Variant TGI gibt es ab 25.770,- Euro in der Basisausstattung „Trendline“ oder als „Rabbit“ um 26.670,- Euro. Mit DSG-Getriebe kommt er auf 30.670,- Euro. Eine VW-typische Speisekarte von verfügbaren Extras kann diesen Wert noch deutlich anheben.
Alles ganz normal: Je dichter das Tank-Netz, umso schwächer die Argumente gegen das Fahren mit CNG. Und was kann Schwellenängste besser abbauen als ein VW Golf Variant?
Fotos: Robert May
Motor: Vierzylinder-Reihenmotor, Direkteinspritzung, Turbolader
Hubraum: 1.395 ccm
Leistung: 81 kW/110 PS bei 4.8080-6.000 U/Min.
Drehmoment: 200 Nm bei 1.500-3.500 U/Min.
Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
0-100 km/h: 11,5 Sekunden
Testverbrauch (Durchschnitt): 4,2 kg auf 100 km (CNG); 6,7 l auf 100 km (Benzin)
CO2: 92 g/km
Getriebe: Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
Reifen: 195/65 R15
Kraftübertragung: Vorderradantrieb
Fahrwerk: vorne McPherson-Aufhängung; hinten Mehrlenkerachse
Bremsen: Scheibenbremsen, vorne innenbelüftet; ABS, ESP
Leergewicht: 1.410 kg
Tankinhalt: 15 kg (CNG); 50 l (Benzin)l
Preis: 30.670,- Euro.